Scharner: "Es war bombastisch, aber die Party wurde uns gestohlen"

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Scharner: "Es war bombastisch, aber die Party wurde uns gestohlen"

Scharner: "Es war bombastisch, aber die Party wurde uns gestohlen"

Erst ein Österreicher hat bislang die FA-Cup-Trophäe stemmen dürfen. Vom HSV verjagt, erfüllte sich Paul Scharner 2013 mit seinem "Herzensverein" Wigan Athletic diesen Traum. Auf Ansage! Die Unterschrift unter seinen Vertrag hatte er erst gesetzt, nachdem die Latics die von ihm geforderte Titelprämie reinschrieben.

Paul Scharner heute mit seiner FA-Cup-Medaille von 2013. kicker.at/Thomas Schöpf

Schon seit Monaten spricht Oliver Glasner nicht nur in der Kabine von Crystal Palace immer wieder von Wembley. Samstag kann er mit einem FA-Cup-Finalerfolg gegen Manchester City (17.30 Uhr LIVE! bei kicker) der erste österreichische Trainer werden, der den seit 1871 ausgetragenen, ältesten Fußball-Wettbewerb der Welt gewinnt.

Der einzige österreichische Fußballer, der den prestigeträchtigen Pokal bereits stemmte, ist Paul Scharner. Nach seinem missglückten Engagement beim Hamburger SV, Machtstreit von Trainer Thorsten Fink mit Manager Frank Arnesen inklusive, durfte er im Winter 2013 noch ein zweites Mal zu seinem "Herzensverein" Wigan Athletic wechseln.

"Ich habe meinen Vertrag aber erst unterschrieben, nachdem sie die von mir geforderte Siegesprämie für den FA-Cup-Gewinn reingeschrieben haben", erzählt der nunmehr 45-Jährige im Büro seiner Agentur "Partnersforlife" in Purgstall dem kicker. "Dann bin ich zu Trainer Roberto Martinez und habe ihm gesagt: 'Du brauchst mich im FA Cup bitte nicht schonen, ich möchte den gewinnen, ich spiele gerne immer'. Wigans Physio hat ihm Gott sei Dank bescheinigt, dass ich der fitteste Spieler im ganzen Kader bin."

Martinez habe die Ansage getaugt. "Der hat auch eine Siegermentalität. Mit Trainern, die gegen Große immer nur auf Unentschieden spielen wollten, konnte ich nie. Das ist negative Energie. So erreichst du nix", weiß Scharner.

Scharner spielte dann tatsächlich immer durch, und hielt vor dem FA-Cup-Achtelfinale in Huddersfield (4:1) gleich eine Kabinen-Ansprache. "Ich habe gesagt, dass wir Premier League sind und die Championship, dass wir Premier League spielen müssen und nicht Championship. Nicht, dass wir plötzlich nur kämpfen und lange Bälle spielen. Die müssen sich nach uns richten", so Scharner, "in der Halbzeit war der Fall erledigt."

Stunden vor dem Finale in Wembley vor über 86.000 Zuschauern ("Es war bombastisch, ein Riesen-Tamtam mit den Royals und so weiter") umrundete Scharner den vor den Kabinen bereitgestellten Pokal alleine in aller Ruhe: "Ich habe ihm gesagt: 'Wir sehen und spüren uns nachher'."

Für City war es - ähnlich wie jetzt - die letzte Chance auf einen Titel und auch Roberto Mancini hatte, ähnlich wie Pep Guardiola jetzt, ein Starensemble mit Abwehrchef Vincent Kompany, Abräumer Yaya Touré und Offensivspielern wie Samir Nasri, Carlos Tevez, David Silva und ganz vorne noch Sergio Aguero: "Der kippte oft auf meine Seite rüber. Den hatte ich im Griff", lacht Scharner.

Scharn a Light

Die "größte Herausforderung" als Gegenspieler in seiner Premier-League-Karriere (als Arsenal-Fan seit Kindheit!) sei Thierry Henry gewesen. Ein Wechselbad der Gefühle erlebte er am 7. Mai 2006, als die Gunners gegen Wigan das letzte Mal in Highbury spielten: Scharner bezwang Jens Lehmann nach einem Corner zum zwischenzeitlichen 1:1. "Henry hat sich das aber nicht gefallen lassen", lacht Scharner laut auf. Der Franzose stellte später per Triplepack von 1:2 auf 4:2 für Arsenal.

Just gegen Arsenal durfte Scharner auch sein Debüt auf der Insel für Wigan im League Cup im Halbfinale feiern. Da machte sich der damals 25-Jährige im Hinspiel gleich einen Namen, denn er schoss nach einem Flutlichtausfall das goldene Tor. "Scharn a light!" titelte die Sun. Im Finale setzte es eine 0:4-Klatsche gegen Manchester United. Die Medaille schoss Scharner in den Wigan-Fanblock: "Zu Weihnachten habe ich dann ein Dankschreiben jenes Fans bekommen, der sie gefangen hat."

Du gewinnst gerade den FA Cup und dann fängt der an mit Dienstag."

Paul Scharner über Kabinengast Dave Whelan

Die Siegermedaille vom FA Cup hat er aufgehoben. Feier gab es für ihn aber keine. Die haben ihm Klubchef Dave Whelan und Arsenal vermiest. Whelan kam nach dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte (am Samstagabend) in die Kabine und "das Erste was er uns gesagt hat, war: 'Jungs, wir müssen uns auf Dienstag konzentrieren.' Das war der absolute Killer. Du gewinnst gerade den FA Cup und dann fängt der an mit Dienstag."

Paul Scharner jubelt in Richtung seiner Familie. Hinten schleicht Citys Joe Hart von dannen. GEPA pictures

Dienstag wurde dann, ebenfalls in London, mit einer 1:4-Niederlage bei Arsenal der Abstieg vorzeitig besiegelt. "Martinez hat dann auch gleich entschieden, dass wir ohne zu feiern nach Wigan zurückfahren und am Montag wieder nach London fahren. Ich hätte Party bis Sonntagabend in London gemacht. Bis Montag dann ausschlafen, regenerieren und Abschlusstraining. Dienstag hätten wir vielleicht wieder überrascht", so Scharner.

Die Cup-Siegerparade nach dem letzten Heimspiel schwänzte Scharner dann als einziger Spieler: "Das konnte ich nicht, mich als Absteiger zum Pokal hinstellen und feiern lassen. Das hätten wir gleich tun sollen, war aber terminlich nicht möglich." Am letzten Samstag im Mai bejubelten dann die Bayern in Wembley ihren Champions-League-Triumph gegen Dortmund - dieser UEFA-Termin ebendort war für die Vorverlegung des FA-Cup-Finales verantwortlich.

Dass diesen Samstag Glasner und Co. feiern werden und Manchester City wieder nicht, hält Scharner für "überaus realistisch. Der 'Believe', Großes erreichen zu können, ist bei Palace generell gewaltig. Der Ollie hat noch dazu den Rückhalt der 'Owner', die ihn nach dem schlechten Start gestärkt haben. Er kann sein Ding durchziehen."

Bleibt Citys Titel-Tafel wieder leer?

Vielleicht steht auf der Titeltafel im Etihad Stadium beim Spielereingang künftig neben dem Jahr 2025 ebenso nichts, wie neben dem Jahr 2013. Scharner kam an jener unlängst im Zuge seiner UEFA-Sportmanagement-Ausbildung bei einer Stadion-Führung vorbei, zeigte vor der Gruppe auf 2013 und fragte laut, was denn da passiert sei?

Der Guide schlug die Hände über seinen Kopf zusammen und antwortete: "In this year we even lost against Wigan in the FA-Cup-Final." Dann klärte der Niederösterreicher auf: "I know, I was there. I'm Paul Scharner."

kicker

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